Eines der Hauptanliegen des Regierungsentwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs-und Insolvenzrechts (SanInsFoG) ist die möglichst frühzeitige Einleitung von Sanierungsmaßnahmen, um den mit fortschreitender Zuspitzung der Krise zunehmend gefährdeten Unternehmenswert zu erhalten.
Der Regierungsentwurf des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) etabliert zu diesem Zweck rechtsformübergreifende Verpflichtungen der Geschäftsleiter haftungsbegrenzter Rechtsträger zur Krisenfrüherkennung und ggf. zur Ergreifung geeigneter Gegenmaßnahmen (Krisenmanagement).
Der Eintritt drohender Zahlungsunfähigkeit führt nach dem StaRUG zu einer partiellen Neuausrichtung des Pflichtenkanons und unterwirft Geschäftsleiter einem verschärften Haftungsregime: Bei drohender Zahlungsunfähigkeit sollen Geschäftsleiter primär den Interessen der Gläubigergesamtheit und nur subsidiär den Interessen der Anteilseigner verpflichtet sein. Zuwiderlaufende Gesellschafterweisungen sind unbeachtlich. Verletzt der Geschäftsleiter die Pflichten gegenüber der Gläubigergesamtheit, haftet er gegenüber dem Unternehmen auf Schadensersatz (Innenhaftung); darlegungs- und beweislastet für fehlendes Verschulden ist der Geschäftsleiter. Ist eine Restrukturierungssache nach dem StaRUG bei dem Restrukturierungsgericht rechtshängig, haftet der Geschäftsleiter geschädigten Gläubigern unmittelbar (Außenhaftung).
Gegenüber der bisherigen Rechtslage, die insbesondere eine Haftung lediglich für nach Eintritt der Insolvenzreife geleistete Zahlungen vorsieht (vgl. § 64 S. 1 GmbHG), bedeutet die Haftung für sämtliche Pflichtverletzungen (nicht nur für Zahlungen) bereits im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit eine erhebliche Haftungsverschärfung. Der Gesetzgeber erachtet diese Haftung als notwendiges Korrektiv für die dem Geschäftsleiter im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit durch den RegE StaRUG und das Eigenverwaltungs-/Schutzschirmverfahren eingeräumten Möglichkeiten, auf die Rechtsposition der Gläubiger einzuwirken.
Um diese „Machtfülle“ ist der Geschäftsleiter indes nicht unbedingt zu beneiden: Will er die verschärfte Haftung vermeiden, muss er sein Handeln primär am Gläubigerinteresse ausrichten und sich notfalls über entgegenstehende Weisungen der Gesellschafter hinwegsetzen. Auseinandersetzungen, etwa auch darüber, ob überhaupt bereits die Zahlungsunfähigkeit droht, dürften in vielen Fällen „vorprogrammiert“ sein.