Was eine Kreditsicherheit wert ist, erweist sich in der Krise. Und zwar notfalls „auf die harte Tour“, nämlich durch Zwangsvollstreckung und –versteigerung sowie im Insolvenzverfahren. Über die Abwendung der Verwertung, z.B. durch Abfindungszahlung, kann man mit dem Sicherungsnehmer/Kreditgeber verhandeln – dieser muss sich aber auch nach Treu und Glauben nicht auf solche Verhandlungen einlassen. Er kann sich vielmehr auch bei mutmaßlich nicht voll werthaltigen Sicherheiten auf die gesetzlichen Regelungen berufen und sein Glück im Zwang versuchen. Mit diesem zuletzt vom Bundesgerichtshof betonten Grundsatz bricht das StaRUG in der Fassung des nun vorgelegten Regierungsentwurfes.
Um welche Rechte geht es? Banken und andere institutionelle Kreditgeber verlassen sich nicht auf die Leistungsfähigkeit des Schuldners, sondern sichern ihre Forderungen ab: Durch Pfandrechte, Grundschulden, Sicherungsabtretungen und -übereignungen; regelmäßig auch durch Personalsicherheiten (Schuldbeitritte und Bürgschaften). Auch Warenlieferanten schützen sich durch erweiterte und verlängerte Eigentumsvorbehalte. In der Insolvenz des Schuldners berechtigen diese Sicherungsrechte daher zur abgesonderten Befriedigung, d.h. vereinfacht: Der Erlös aus dem Pfandverkauf etc. steht in erster Linie den jeweiligen Sicherungsnehmern zu. Das StaRUG soll Sanierungen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermöglichen. Es spricht in diesem Zusammenhang daher von Absonderungsanwartschaften. Zur Abgrenzung: Aussonderungsrechte, z.B. aus Mietverträgen oder aus einfachen Eigentumsvorbehalten, sind nicht betroffen.
In diese Absonderungsanwartschaften kann künftig eingegriffen werden: Den Eingriff ermöglicht ein Restrukturierungsplan. Bereits bei der Annahme des Restrukturierungsplans gilt in bestimmten Grenzen ein Mehrheitsprinzip: Es kommt damit nicht auf die Einwilligung jedes Sicherungsnehmers an. Vielmehr richtet sich schon das Stimmrecht des Anwartschaftsberechtigten nach dem Wert seiner Sicherheit. Er kann in der Gruppe der Anwartschaftsberechtigten überstimmt werden. Und es kann auch die fehlende Zustimmung einer Gruppe von Anwartschaftsberechtigten ersetzt werden: Dies setzt u.a. voraus, dass die Anwartschaftsberechtigten durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne diesen Plan stehen. Schließlich sind auch Rechtsbehelfe der Anwartschaftsberechtigten gegeben – wenn der Restrukturierungsplan diese voraussichtlich schlechter stellt.
Überdies erlaubt das StaRUG auch einen Eingriff in die sog. gruppeninternen Drittsicherheiten. Dies sind Kreditsicherheiten, die von Tochterunternehmen gestellt wurden. Auch dies ist rechtspolitisch bemerkenswert, da bisher in Konzerninsolvenzen der Grundsatz galt: Ein Schuldner – (s)ein Vermögen – ein Verfahren. Das StaRUG verwischt diese Grenzen nach unten und nach oben: Der Restrukturierungsplan erlaubt (nach unten) die Einbeziehung der gruppeninternen Drittsicherheiten und kann sogar (nach oben) die Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter des Schuldners modifizieren (gegen eine angemessene Kompensation).
Fazit:
An allen o.g. Stellen entfällt der Markttest und wird stattdessen eine Bewertung der Kreditsicherheit maßgeblich. Dem Sicherungsnehmer werden dadurch im Ergebnis die gesetzlichen Zwangsmittel zur Durchsetzung seiner Positionen genommen. Er muss sich nun darauf einlassen, unter den Bedingungen des StaRUG mit dem Schuldner und ggf. mit den anderen Gläubigern über die Bewertung seiner Sicherheit zu verhandeln und zu streiten. In solchen Auseinandersetzungen werden daher künftig zwei Dinge maßgeblich sein: Sachverständigengutachten und Verhandlungsgeschick.