Corona-Krise - Achtung: Die Insolvenzantragspflicht ist nicht pauschal ausgesetzt!

(11.01.21)

Der Lockdown geht weiter, mindestens noch bis zum 31.01.2021. Der Gesetzgeber reagiert wieder mit kurzfristigen komplexen Gesetzesänderungen, auch im Insolvenzrecht.

Zudem werden Novemberhilfe und Dezemberhilfe nur mit großer zeitlicher Verzögerung ausgezahlt. Auch ist die ab Beginn 2021 greifende „Überbrückungshilfe III“ nun völlig anders strukturiert, als die vorangegangene außerordentliche Wirtschaftshilfe und orientiert sich nicht mehr am Umsatz, sondern an den Fixkosten.

Die bestehende Unsicherheit macht vielen Unternehmen weiterhin zu schaffen.

Viele mögen sich damit in Sicherheit wiegen, dass die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen vermeintlich auch im Januar 2021 noch ausgesetzt ist und Haftungsrisiken dadurch minimiert sind.

So simpel ist es leider nicht!

Der Gesetzgeber hat sich für eine zeitlich gestaffelte Lösung entschieden. Die Voraussetzungen der Antragspflicht hat er dabei allein innerhalb der letzten 10 Monate dreimal substantiell geändert.

01.03.2020-30.09.2020

Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat der Gesetzgeber im März die vorrübergehende pauschale Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 für insolvente – also zahlungsunfähige und überschuldete (Link zu den Insolvenzgründen) – Unternehmen beschlossen. Dies sollte lediglich dann nicht gelten, wenn die Insolvenzreife nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhte oder keine Aussichten auf Beseitigung einer bestehenden Zahlungsunfähigkeit bestanden. Insoweit half der Gesetzgeber außerdem mit einer Vermutung: War das Unternehmen am 31.12.2019 zahlungsfähig, wird vermutet, dass die Voraussetzungen für eine Antragsaussetzung vorlagen.

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen (i) „Zahlungsunfähigkeit“ und (ii) „Überschuldung“.

Der Begriff der „Zahlungsunfähigkeit“ betrifft die Frage der Liquidität. „Zahlungsunfähigkeit“ liegt vor, wenn nicht alle fälligen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit beglichen werden können. Ausnahmsweise wird eine noch zulässige, nur vorübergehende „Zahlungsstockung“ angenommen, wenn auf Basis objektiver Fakten eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht die Liquiditätsunterdeckung innerhalb eines Zeitraums von in der Regel drei Wochen, ausnahmsweise auch 3-6 Monate zu überwinden.

„Überschuldung“ liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

01.10.2020 – 31.12.2020

Ab Oktober 2020 wurden die bisherigen Regelungen über die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur für überschuldete, nicht aber für zahlungsunfähige Unternehmen, verlängert bis zum 31.12.2020.

01.01.2021 – 31.01.2021

Im Jahr 2021 gilt keine pauschale Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mehr!

Eine Ausnahme von der Insolvenzantragspflicht ist auf Grundlage der Neuregelung des SanInsFoG nun vielmehr von der Aussicht auf finanzielle Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme abhängig:

Vom 01.01.2021 bis zum 31.01.2021 ist die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags für die Geschäftsleiter solcher Unternehmen ausgesetzt, die im Zeitraum vom 01.11.2020 bis zum 31.12.2020 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich, soll das auch für Unternehmen, die nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen, gelten.

Achtung: Wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht oder die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist, gilt auch keine Ausnahme von der Antragspflicht. Mit anderen Worten: In diesen Fällen bleibt es bei der Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Geschäftsleiter müssen berücksichtigen, dass sie für die Einhaltung der Insolvenzantragspflicht verantwortlich sind. Sie trifft das Risiko bei einer Fehleinschätzung, dieser nun wahrlich komplexen und sich ständig ändernden Anforderungen, persönlich haftbar zu werden. Die Chancen einer Unternehmenssanierung mit dem restrukturierungsrechtlichen und insolvenzrechtlichen Tools sind außerdem besser, je früher Expertenrat eingeholt wird.