Insolvenzgründe neu definiert – Startpunkte für InsO und StaRUG

(23.10.20)

Für Geschäftsleiter einer AG, GmbH oder GmbH & Co. KG gibt es wichtige Neuregelungen! Nachdem der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht wegen COVID-19 ausgesetzt hatte, muss seit dem 01.10.2020 wieder Insolvenzantrag gestellt werden, wenn Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Zahlungsunfähigkeit bedeutet eine dreiwöchige Liquiditätslücke von mehr als 10% der fälligen Verbindlichkeiten. Für die Überschuldung bleibt die Antragspflicht dagegen bis zum 31.12.2020 ausgesetzt. Überschuldung liegt insbes. bei einer negativen Fortführungsprognose vor, die auf die Liquiditätslage im laufenden und kommenden Geschäftsjahr abstellt.

Ab dem 01.01.2021 gibt es wieder die doppelte Insolvenzantragspflicht: bei Zahlungsunfähigkeit und bei Überschuldung. COVID-19 führt zu Planungsunsicherheiten. Daher wird der Prognosezeitraum der Überschuldung bis zum 31.12.2021 für betroffene Unternehmen auf 4 Monate begrenzt; ab dem 01.01.2022 ist dann ein genereller Zeitraum von 12 Monaten vorgesehen. Das bedeutet: Keine Überschuldung und damit keine Antragspflicht, wenn die Zahlungsfähigkeit für 4 Monate (bzw. 12 Monate) sichergestellt ist!

Der Prognosezeitraum des dritten Insolvenzgrundes, der drohenden Zahlungsunfähigkeit, soll auf 24 Monate erstreckt werden. Durch die unterschiedlichen Zeiträume soll die Abgrenzung von Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit besser gelingen – in der Praxis wird das aber weiter schwierig bleiben. Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann ein Insolvenzantrag gestellt werden, muss dies aber nicht.

Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist zudem die „Eintrittskarte“ für das geplante neue Restrukturierungsverfahren nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz („StaRUG“). Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung steht dieses Verfahren dagegen nicht zur Verfügung. Eine Antragspflicht für das Restrukturierungsverfahren besteht nicht, die Geschäftsleiter werden aber generell verpflichtet, die Gläubigerinteressen zu wahren. Andernfalls droht Schadenersatz. Ist ein Verfahren nach dem StaRUG eingeleitet und tritt im weiteren Verlauf Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein, so müssen die Geschäftsleiter dies – zur Vermeidung eigener Strafbarkeit – dem Restrukturierungsgericht anzeigen. Das Gericht kann das Verfahren dann fortsetzen, falls dies im Interesse der Gläubiger liegt. Andernfalls werden die Geschäftsleiter Insolvenzantrag stellen müssen.

Fazit:

Durch die Neufassung der Insolvenzgründe und die zusätzliche Option des neuen Restrukturierungsverfahrens wird die Entscheidungssituation für Geschäftsleiter deutlich komplexer. Der Überschuldungstatbestand wird in den Jahren 2020, 2021 und 2022 jeweils unterschiedlich angewendet! Wer ein Unternehmen in der Krise führt, muss auf diesem Parkett absolut trittsicher sein.